HCS Human Capital SystemVirtuelles Lebenswerk von Heinrich Keßler, Appenweier
Kontext: Gedanken und Nachdenkliches


Kontext: Gedanken und Nachdenkliches

Lebensweisheiten: Unterschiede zwischen "Schuld" und "Sünde".

Insbesondere in neueren Bibelübersetzungen und Auslegungen von religiösen Schriften begegnen mir Formulierungen, die keinen Unterschied mehr zwischen "Schuld" und "Sünde"  zu machen scheinen. Das halte ich für eine falsche Botschaft, insbesondere dann, wenn sie auf Überlieferungen und "heilige Schriften"  zurückgeführt oder gar mit "Gott" in Verbindung gebracht wird.

Schuld

Eine "Schuld" setzt "Gläubiger" und "Schuldner" voraus. Das sind höchst weltliche Angelegenheiten. "Gott" ist kein "Gläubiger" und die "Menschen" sind in diesem Sinne auch nicht "Schuldner".

Schulden können bezahlt, erlassen, gelöscht oder ausgeglichen werden. Eine Schuld kann verjähren. Wenn das "Schuldverhältnis" erlischt, verschwinden auch die Eigenschaften "Gläubiger" und "Schuldner"; die "Schuld" fällt weg. Es ist unmöglich, als "Mensch" seine "Schuld" gegenüber "Gott" zu begleichen, denn es ist niemals eine entstanden und niemand weiß letztendlich, worin sie bestände oder bestehen könnte.

Sünde

Eine "Sünde" ist ein Fehlverhalten, bei welchem das Wissen und das Bewusstsein um "das Sündige" daran eine Rolle spielt. Sie, die Sünde, kann schuldhaft z.B. mit Wissen, Absicht und Vorsatz begangen werden. Sie kann auch unbewusst eintreten, wenn z.B. der Irrtum oder Unwissenheit erst beseitigt werden, wenn die Sünde bereits begangen ist, und durch die "Erkenntnis" offensichtlich wird. "Gesündigt" wird gegenüber einer "höheren Instanz". Dies kann die Beziehung, das Amt, die Gemeinschaft, die Welt, die Natur oder auch Gott sein. Die "höhere Instanz" kann die Versündigung ihr gegenüber vergeben, nachsehen, heilen oder bestrafen. Vom Sünder kann eine Wiedergutmachung oder eine Buße verlangt oder von ihm selbst sich auferlegt werden. Gnade, Begnadigung, Reue, Wiedergutmachung und Buße schaffen die Sünde zwar nicht aus der Welt und machen sie auch nicht ungeschehen, aber sie führen dazu, dass die Selbstbestrafung wegen des begangenen Unrechts gemildert oder beendigt werden kann: Die "Versöhnung" ist (wieder) möglich. Eine "Erlösung" ebenfalls. Sie besteht in der "Heilung der Beziehung und des Verhältnisses".

Anregung

Bei näherer Betrachtung könnte das "Vaterunser" geändert werden wie folgt:

"Und vergibt uns unsere Sünden", statt: "Und vergib uns unsere Schuld".

..."so wie wir vergeben unseren Sündigen", statt: "...so wie wir vergeben unseren Schuldigern".

"Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von den Sünden", statt: "Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen (oder dem Übel oder von der "Sünde").

Wer mag und kann, möge prüfen, ob die von mir vorgeschlagenen Formulierungen nicht bereits den Urschriften entsprechen.

Die Bitten im Vaterunser sind dann zu verstehen als Bitten, uns als "Sünder" so zu behandeln, wie wir die Menschen behandeln, die sich gegen uns "versündigen". Das kann weiterhin einschließen, dass wir auch darum bitten, uns als "Schuldner" so zu behandeln, wie wir die Menschen behandeln, die uns etwas schulden. 

Fazit:

Es ist und bleibt ein Unterschied, ob jemand sich "verschuldet" oder "versündigt".

08.12.2024 Heinrich Keßler, Autor